Am Dienstag, den 1. April 2025 stand ein etwas anderer Unterricht auf dem Stundenplan der Klasse 5 a: die Märchenchallenge, welche die Klasse 5 a mit Freude annahm. Die Schülerinnen machten sich um 7:50 Uhr auf den Weg in die Stadtbücherei. Am Falkenhaus angekommen wurden wir um 8:30 Uhr herzlich in Empfang genommen und zum Veranstaltungsraum gebracht. Nach der Begrüßung durch Frau Riedel von der Stadtbücherei schloss sich Herr Jansen, der Leiter der Märchenchallenge an. Er benannte das Motto für den heutigen Tag: „Habt Mut, habt Fantasie und probiert aus.“ Zunächst wurden einige, den Schülerinnen bekannte Märchen, gesammelt und anschließend der typische Aufbau eines Märchens besprochen. Dafür erhielten die Schülerinnen ein vorbereitetes Geheft mit verschiedenen Arbeitsblättern, die durch den Tag führen sollten. Nachdem der Aufbau klar war, ging es daran, einen Ort, an dem das Klassenmärchen spielen sollte, auszuwählen. Die Schülerinnen waren sehr kreativ: vom Zauberbrunnen über die Regenbogenstraße, das Zuckerhaus, ein Berg, der die Sonne berührt, der Zauberwald, das Zaubermeer und eine Kristallhöhe, war alles dabei. Dem Märchen fehlte noch eine Hauptfigur. Auch hier standen zahlreiche Optionen zur Auswahl: Prinzessin, Mädchen mit Zauberkräften, kleine Fee, Königin. Nach einer demokratischen, sehr eindeutigen Abstimmung fiel die Entscheidung für ein Waisenmädchen mit einem Hasen. Ein Märchen ohne Antagonisten wäre langweilig, weswegen sich die Schülerinnen in diesem Fall für die bösen Geschwister entschieden. Nun ging es in die Tiefe: Eine Handlung muss gefunden werden. Dafür lenkte Herr Jansen die Schülerinnen geschickt und sammelte Eigenschaften für die jeweiligen Figuren. Im Gespräch entstanden Ideen für mögliche Handlungen des Waisenmädchens, warum dieses von zuhause aufbricht und welchen Weg und welche Abenteuer sie bestreiten soll. Die Challenge war es nun, sieben Szenen festzulegen, an denen die Schülerinnen individuell arbeiten sollten. Nachdem das grobe Gerüst stand, machte sich Herr Jansen an den Feinschliff und verschriftlichte alle gesammelten Ideen zu einem fertigen Märchen und die Schülerinnen malten in unterschiedlichen Gruppen ein Bild zu ihrer zugeteilten Szene. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und es entstand ein wunderbares Märchenbuch der Klasse 5 a in dem sich jede Schülerin mit ihrem selbst gestalteten Bild wiederfindet und auch die ein oder andere eigene Idee im Text des Märchens wiederfindet. Wir danken Herrn Jansen für die großartige Challenge, die wir voller Freude „accepted“ hatten und gemeinsam mit Bravour meisterten.
Text und Fotos: A. Spindler
Märchen der Klasse 5 a
Es war einmal ein kleines Mädchen, das war ein Waisenkind. Wie auch seine beiden Geschwister, die älter waren. Die drei lebten im kleinen Haus ihrer Eltern. Das lag in einem Dorf in den Bergen, abgeschirmt von der Welt. Fernab von allem. Oft war es kalt draußen. Und da stürmte der Wind. Oder es schneite und der Schnee lag ganz lange auf den Dächern der Häuser und auf den Bäumen und den Wiesen. Kalt war es auch in dem kleinen Haus. Denn die älteren Geschwister waren nicht gut zum kleinen Mädchen. Sie ließen es für sich arbeiten, kommandierten es herum. Es musste putzen, schrubben, das Geschirr waschen, die Wäsche legen und kochen. Zum Glück hatte es ein Häschen mit weichem und dichtem Fell. Wenn das Mädchen das Häschen streichelte, dann hatte es das Gefühl, als würde das Häschen sprechen können. Und das Häschen sagte: „Es wird alles gut.“
Doch es wurde nicht gut. Die Arbeit wurde mehr und mehr. Und das Mädchen verzweifelte. Die Menschen im Dorf hatten Mitleid mit ihm, doch das nützte wenig. Denn mit den Geschwistern ließ sich nicht reden. Das Häschen wusste das auch und es sorgte sich um das Mädchen. Und eines Abends, als das Mädchen das Häschen streichelte, da sagte es: „Ja, es wird alles gut und gleichzeitig musst du etwas tun. Du musst hinaus ins Licht.“ – „Ins Licht?“, fragte das Mädchen. „Hinaus in die Welt“, antwortete das Häschen. Da nahm das Mädchen all seinen Mut zusammen und verließ die bösen Geschwister. Hinter dem Dorf gab es eine Quelle und das Mädchen wusste: Wenn es dem Wasser folgen würde, dann würde es zum Meer kommen. Und das Meer stellte sich das Mädchen wunderschön vor, groß und unendlich und weit und friedvoll. Dorthin wollte es. Und das Häschen auch.
Es war leicht für die beiden, dem Wasser zu folgen, denn es war ein Gebirgsbach und der stürzte von der Höhe in die Tiefe. Oft mussten die beiden klettern und oft musste sich das Häschen streicheln lassen, damit das Mädchen mehr Mut bekam, von einem Stein zum nächsten zu springen oder auch einmal durch wildes Wasser zu waten. Der Bach rauschte und tobte und wühlte sich zwischen den Felsen vorbei. Das waren die Stromschnellen und sie waren sehr gefährlich. Das Mädchen und das Häschen klammerten sich an einen Baumstamm, der im Wasser trieb. Plötzlich wurde es dunkel und sie wussten nicht, wo sie waren. Es gab keinen Himmel mehr und doch sahen sie Sterne. Funkelnde Sterne, Kristalle, Edelsteine. Das Häschen mümmelte und das Mädchen verstand: Der Fluss strömte durch eine Kristallhöhle und das Mädchen sah, dass der Satz des Häschens richtig war: „Du musst hinaus ins Licht“. Und Licht gab es auch in dieser Dunkelheit. Hier konnten die beiden etwas schlafen. Sie schliefen beide auf einem großen Edelstein, der wie ein Bett geformt war. Am nächsten Morgen weckten sie Lichtstrahlen in der Ferne. Der Ausgang der Höhe. Sie wanderten am Wasser entlang, traten hinaus ins Freie und gelangten in den Wald.
Das war der Zauberwald. Zum ersten Mal war das Häschen ängstlich, denn solch einen Wald hatte es noch nicht gesehen. Merkwürdige Wesen lebten dort. Merkwürdige Tiere, die es sonst nicht nicht gab, seltsam geformt und sie sprachen in fremden Sprachen, die das Häschen nicht verstand. „Hab keine Angst“, meinte das Mädchen. „Du weißt doch und hast es selbst in der Kristallhöhle erlebt. Überall gibt es Licht. Auch hier. Und wo es Licht gibt…“, sagte es weiter und das Häschen antwortete, „… da gibt es auch Mut.“ Und so wanderten sie weiter.
Aus dem Bach war ein Fluss geworden. Und der wurde breiter und auch die Gegend veränderte sich. Die Berge, die Höhle und den Zauberwald sie hinter sich gelassen. Nun kamen sie in eine Stadt. Hier erging es ihnen nicht gut. In den Bergen und im Wald hatten sie immer etwas zu Essen gefunden, Beeren, Pilze oder Nüsse. In der Stadt gab es das nicht. Hier mussten die Menschen Geld haben, um sich etwas kaufen zu können. Essen zum Beispiel. Geld hatten die beiden nicht. „Nimm mein Fell“, sagte das Häschen. „Verkauf die Wolle und du wirst sehen, sie besitzt eine besondere Kraft.“ Das Mädchen bürstete das Fell des Häschens. Und aus der Wolle strickte es einen Schal. Den kaufte ein Mann für seine alte Mutter, die immer kalt hatte und der es nicht gut ging. Als diese alte Frau sich den Schal umband, da spürte sie, dass es ihr besser ging und sie berichtete das ihrem Sohn, der freudig das Mädchen und das Häschen suchte.
Der Mann war ein Flusskapitän und er fragte die beiden, was er ihnen Gutes tun könnte. „Wir wollen zum Meer“, sagte das Mädchen. „Dort möchten wir den Sonnenaufgang sehen und den warmen Sand spüren und im Wasser spielen.“ – „Ich bringe euch dahin“, sagte der Flusskapitän und er nahm sie mit auf seinem Schiff.
In der Hafenstadt an der Mündung des großen Flusses, des großen ins Meer, gingen das Mädchen und das Häschen von Bord. Sie gingen zum Strand und erlebten das Wunder der Unendlichkeit. Sie sahen die Sonne und sie spürten, wie das Licht wärmte. Und sie sahen, dass alles gut war. Und sie spürten, dass sie hier zu Hause waren. Zu Hause. Endlich. Am Meer. Am Meer.